Volksinitiative (§§ 3 bis 11 NVAbstG)

Im Rahmen der Volksinitiative können 70.000 für die Wahl des Niedersächsischen Landtages Wahlberechtigte (Stimmberechtigte) schriftlich verlangen, dass sich der Landtag im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung befasst. Seit der Einführung der Volksabstimmungen im Jahre 1993 haben sich insgesamt acht Volksinitiativen gebildet, die sich mit unterschiedlichsten Gegenständen befasst haben.

Noch bevor das Niedersächsische Volksabstimmungsgesetz in Kraft getreten war, startete die erste Volksinitiative am 10. Januar 1994. Die "Volksinitiative Verantwortung vor Gott und den Menschen in die Verfassung" sammelt vorab innerhalb kürzester Zeit ca. 114.000 Unterstützungsunterschriften und bereits im Juni 1994 verabschiedete der Landtag ein Gesetz, mit dem die Präambel "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen hat sich das Volk von Niedersachsen durch seinen Landtag diese Verfassung gegeben" in die Niedersächsische Verfassung aufgenommen wurde.

Es folgten die

Allerdings konnte bisher nur die "Volksinitiative zum Erhalt des Rettungshubschraubers Christoph 30" einen ähnlichen Erfolg wie die erste in Niedersachsen durchgeführte Volksinitiative erringen. Aufgrund der Sammlung von 75.763 Unterstützungsunterschriften hat der Landtag den erhalt des Standortes des Rettungshubschraubers Christoph 30 in Wolfenbüttel beschlossen.

Die "Volksinitiative für die Verbesserung und langfristige Sicherstellung der Unterrichtsversorgung in Niedersachsen" war mit der Sammlung der Unterstützungsunterschriften (ca. 140.000) zwar auch sehr erfolgreich, aufgrund der finanziellen und politischen Rahmenbedingungen konnte der Landtag die Forderungen der Volksinitiative aber nicht verwirklichen.

Die Sammlung von Unterschriften für die "Volksinitiative für Lernmittelfreiheit und freie Schülerbeförderung" wurde 2004/5 durchgeführt. Die Frist für die Einreichung der Unterschriftenbögen beim Landeswahlleiter endete am 2.6.2005.


Wie wird eine Volksinitiative gestartet?

Bevor durch Volksinitiative dem Landtag aufgegeben werden kann, sich im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit mit einem bestimmten Gegenstand der politischen Wil-lensbildung zu befassen, müssen sich zuvor fünf bis neun wahlberechtigte Personen zu-sammenfinden, die als Vertreterinnen und Vertreter der Initiative benannt werden. Sie müs-sen zunächst die beabsichtigte Volksinitiative beim Niedersächsischen Landeswahlleiter an-zeigen. Dieser unterrichtet unverzüglich den Landtag über die Volksinitiative. Bestehen rechtliche Bedenken gegen die Volksinitiative, weil die verfassungsmäßige Zuständigkeit nicht gegeben sein könnte, wird der Präsident des Landtages es den Initianten der Volksinitiative bereits zu diesem Zeitpunkt mitteilen.

Nach der Anzeige können die Vertreterinnen und Vertreter mit der Sammlung der 70.000 gesetzlich vorgeschriebenen Unterstützungsunterschriften beginnen. Die Unterschriften sind auf Unterschriftenbögen mit bestimmten vorgeschriebenen Inhalt zu sammeln. Um Fehler bei der Gestaltung der Unterschriftenbogen zu vermeiden, die evtl. zu einer Unzulässigkeit des Volksinitiative führen könnten, sollten Initianten einer Volksinitiative die gesetzlich vorgesehene Beratungspflicht des Landeswahlleiters tatsächlich in Anspruch nehmen. Die Kosten für die Herstellung und Beschaffung der Unterschriftenbögen sind von den Initianten der Volksinitiative zu tragen.

Die ausgefüllten Unterschriftenbögen sind von den Vertreterinnen und Vertretern zur überprüfung der Stimmberechtigung den Gemeinden vorzulegen, in denen die eingetragenen Personen wohnen. Nach Bestätigung der Stimmberechtigung sind die Gemeinden verpflichtet, die Unterschriftenbögen an die Vertreterinnen und Vertreter zurückzugeben. Die Unterschriftenbögen sind dann innerhalb eines Jahres nach Anzeige der Volksinitiative beim Landeswahlleiter einzureichen. Stellt er fest, das 70.000 gültige Unterstützungsunterschriften vorliegen, leitet er das Ergebnis und den Antrag, der mit der Volksinitiative gestellt wird, an den Landtag weiter.

Der Landtag prüft in einem ersten Verfahrensschritt, ob die Volksinitiative die verfassungsmäßigen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt. Ist sie unzulässig, wird der Landtag sich nicht mit dem Gegenstand der Volksinitiative befassen. Gegen die Ablehnung können die Vertreterinnen und Vertreter den Staatsgerichtshof anrufen. Ist die Volksinitiative zulässig, beschließt der Landtag, sich mit ihr zu befassen.

Bei einer zulässigen Volksinitiative befasst sich der Landtag dann in einem zweiten Verfahrensschritt inhaltlich mit dem Gegenstand der Volksinitiative. Die Volksinitiative ist mit dem Beschluss des Landtages zur Sache beendet.


Volksbegehren (§§ 12 bis 23 NVAbstG)

Ein Volksbegehren kann darauf gerichtet sein, ein Gesetz im Rahmen der Gesetzgebungsbefugnis des Landes zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. Dem Volksbegehren muss ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf mit Begründung und mit Angabe der zu erwartenden Kosten für die öffentliche Hand zugrunde liegen.

Seit dem das Volksabstimmungsgesetz in Kraft getreten ist, wurden in Niedersachsen sechs Volksbegehren initiiert:

Diese Volksbegehren wurden mit sehr unterschiedlichem Erfolg durchgeführt. Drei Volksbegehren scheiterten bereits an dem Zulassungsquorum von 25.000 Unterstützungsunterschriften. Das Volksbegehren "Gentechnikfrei aus Niedersachsen" hatte eine hohe Resonanz in der niedersächsischen Bevölkerung und erreichte in der gesetzten Frist für das Zulassungsquorum bereits die dreifache Anzahl der geforderten Unterstützungsunterschriften. Da zu der Zeit das Bundesministerium für Gesundheit eine Verordnung zur Positivkennzeichnung von Lebensmittel vorbereitete, haben die Initiatoren das Volksbegehren nicht weiter verfolgt und keinen Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit gestellt.

Auch das Volksbegehren "WIR gegen die Rechtschreibreform" hatte in der Bevölkerung eine hohe Resonanz. Für das Volksbegehren konnten insgesamt 277.318 gültige Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. 592.934 gültige Eintragungen auf den Unterschriftenbögen wären für ein erfolgreiches Volksbegehren erforderlich gewesen. Damit fehlten für das festgelegte Quorum 315.721 Unterstützungsunterschriften. Auch 87.081 weitere vorge-legte Unterstützungsunterschriften, die aber nicht als gültige Eintragungen gewertet werden konnten, weil sie sich auf Unterschriftenlisten befanden, die nicht dem vom Landeswahlleiter verbindlich festgelegten Unterschriftenbögen entsprachen, hätten nicht zum Erreichen des Unterschriftenquorums beigetragen.

Das einzige Volksbegehren, dass bisher in Niedersachsen zustande kam, ist das Volksbegehren "Kindertagesstätten-Gesetz Niedersachsen". Innerhalb von nur viereinhalb Monaten seit Sammlungsbeginn konnten 639.219 gültige Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Damit wurde schon zu diesem frühen Zeitpunkt das zu erreichende Quorum von 10 % der Wahlberechtigten um 46.285 überschritten. Insgesamt haben 690.793 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger das Volksbegehren unterstützt. Der Landtag hat sich das An-liegen des Volksbegehrens zu Eigen gemacht und den mit dem Volksbegehren eingebrachten Gesetzentwurf mit geringen Änderungen am 14.12.2001 (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder – Nds. Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 34, S. 758) beschlossen.

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